Schwäbisch für Besserwisser

Net oder et oder it ?

"Die ersten beiden Wörter, die meine Untertanen lernen, heißen: Noi, eta." So stellte König Wilhelm I. von Württemberg fest, und der residierte in Stuttgart.

Wäre König Wilhelm I. ein Oberschwabe gewesen,  hätte er "Noi, ita" gesagt. Denn wenn den Schwaben auch der Geist, der stets verneint, gemein ist, so unterscheiden sie sich doch in der Art, wie sie diese Ablehnung äußern. Die einen tun es unter Verwendung des e, sagen also net oder et oder eta, die anderen bevorzugen das i und sagen it oder ita; die Form nit ist heute nicht mehr gebräuchlich.

Ob et oder it, eta oder ita, net oder nit: Gemeinsam ist der regional unterschiedlich vokalisierten Verneinung ihre dreifache Form: einmal mit n- (net), einmal ohne n- (et), und wenn ohne, dann manchmal mit einem -a am Ende (eta).

Beginnen wir mit eta oder ita. Fischers Schwäbisches Wörterbuch teilt mit, dass diese "verlängerte Form" gerne verwendet wird, wenn kein weiteres Wort folgt, wie eben im Fall von  "Noi eta". Darüber, wo dieses verlängernde -a herrührt, sagt Fischer nichts. Nehmen wir uns also die Freiheit, ein wenig darüber zu spekulieren: Dieses kurze, durch die Nase ausgestoßene -a am Ende eines schwäbischen Wortes entspricht meist dem hochsprachlichen -en: essa = essen, Sacha = Sachen, Nudla = Nudlen. Wenn wir nun et oder it mit dem hochsprachlichen nicht gleichsetzen und -a mit -en, dann ergäbe dies nichten. Das ist der Dativ Plural von nicht, den es tatsächlich einmal gegeben hat und der noch überlebt hat in dem Ausruf mitnichten! Was spräche dagegen, Noi, eta!" zu übersetzen mit "Nein. mitnichten!"?

Wo ist bei et und it das n- geblieben? Hier sei das längst vergessene Wort icht (=etwas) vorgestellt, das aus eo =irgend und wiht = Ding, Wesen gebildet war, von dem auch der heutige "Wicht" abstammt. Icht bedeutete "etwas", "irgend-", konnte aber auch in bestimmten Zusammenhängen das Gegenteil, nämlich "nicht" bedeuten - und das, obwohl es daneben das Wort nicht schon gab: Nicht ist nichts anderes als die Verneinung von icht bzw. des alten eo wiht; es kommt von ni eo wiht oder ni wiht (=kein Ding).

Denkbar ist, dass dieses eo wiht sich nicht nur zu icht, sondern daneben bei den einen zu et und bei den anderen zu it entwickelte, was dies Formen erklären würde. Fischer bezweifelt das aber. Er geht davon aus, dass der Wegfall des n- vor et und it auf falscher Wortabteilung beruht.

Demnach kämen et und it doch von nicht bzw. dem althochdeutschen ni-eo-wiht, aus dem sich eine Unzahl von Nebenformen und Verkürzungen entwickelt hat. In den meisten herrscht das -i- vor, zum Beispiel in nieweht, in anderen hingegen das -e-, etwa in neweht. Möglicherweise stammt (n)it von den einen ab und (n)et von den anderen.

Hätte man besagte Untertanen befragt, ob sie denn nun kapiert hätten, was hinter der Art ihrer Verneinung stecke, hätten sie garantiert geantwortet: Noi, eta!

von Henning Petershagen

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